Geringe Ausgangsleistung des IC-7100 bei SSB.


Zur Vorgeschichte:

Das Thema mit der geringen Ausgangsleistung des IC-7100 beschäftigte mich nun bereits über zwei Jahren lang.

Im Sommer 2014 bin ich, mehr oder weniger, durch Zufall auf das Problem mit der Senderleistung gestoßen. Im Mobilbetrieb mit zwei identischen Fahrzeugen, mit gleicher Antenne und Tuner, bekam mein IC-7100 immer um ca. zwei bis drei S-Stufen schlechtere Rapporte als ein IC-7000 im anderen Fahrzeug. Das Phänomen wurde mehrfach und über einen längeren Zeitraum, egal, ob Standmobil oder während der Fahrt, untersucht. Daraufhin wurden weitere Funkgeräte unter anderem ein YAESU FT-897 getestet. Es ergab sich immer das gleiche Ergebnis, der IC-7100 lag bei jedem Test um zwei Stufen schlechter, egal was als Vergleichsgerät benutzt wurde. Vergleichsmessungen der Ausgangsleistung mit den anderen Geräten zeigten, dass die mittlere Ausgangsleistung (AVG) mit Sprache beim IC-7100 immer zu niedrig lag. Die Anzeige pendelte bei schlappen 20 Watt herum, während bei den anderen Geräten die Anzeige stets bei etwa 40 - 60 Watt oder höher lag. Ich möchte hier keine Debatte über PEP oder die verwendeten Leistungsmessgeräte anstoßen, es geht hier einzig und alleine um eine "Vergleichsmessung". Es ist dabei auch völlig gleichgültig, mit welchem Messgerät ich messe. Letztendlich zählt immer nur das "was Hinten herauskommt". Übrigens war im stationären Betrieb mit Dipolantennen o.Ähnl. bei Signalen von S 9 oder darüber das Problem kaum oder gar nicht aufgefallen. Im Mobilbetrieb hingegen, mit den vergleichsweise wenig effizienten Antennen, kommt es auf jedes Watt an. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man als Mobilstation mit S3 oder mit S5 gehört wird. Das Thema beschäftigte mich nun über einen längeren Zeitraum. Da auf dem Gerät noch Garantie war, wurde es 2015 zum ICOM-Service geschickt, von wo es mit gleichen Symptomen nach 3 Wochen ungeöffnet zurückgekommen ist. Die Erklärung von ICOM zu dem Problem möchte ich mir hier ersparen.


Im Internet fand man inzwischen massenhaft Beschwerden aus der ganzen Welt zu diesem Thema. Leider hatte aber bisher niemand eine vernünftige Lösung anzubieten, außer ein paar schlauen Sprüchen über die Messmethoden. (Siehe Anmerkung oben)
Beim Besuch der HAM-Radio 2015 wurde von den anwesenden deutschen und japanischen Technikern das Problem rundweg abgestritten. Erst nach hartnäckigem Nachbohren, sowie dem Vorlegen des bereits erfolgten Schriftwechsels, hatte man zugegeben, dass das Problem doch bekannt sei. In Japan würde man auch bereits an einer Lösung arbeiten. Wie diese Lösung dann allerdings aussieht, ob es ein Hard-oder Software-Lösung ist und wann die, wenn sie überhaupt erscheint, das war den ICOM-Leuten leider nicht zu entlocken.


Ich verfolgte daraufhin einen eigenen Weg. Mittels Vergleich mit mehreren Transceivern von diversen Herstellern schnitt der IC-7100 dabei immer grottenschlecht ab. Bei Sprache zeigte das Wattmeter beim IC-7100 max. 20-25 W in den Spitzen an, während die anderen Geräte immer um die 60 - 80 Watt anzeigten. Alle Einstellungen im Menü sowie diverse anderer Mikrofone brachten keinerlei Verbesserung.
Daraufhin habe ich mir im Service-Menü die Einstellungen einmal genauer unter die Lupe genommen. Man hat im IC-7100 leider keine oder nur geringe Einstellmöglichkeiten, da der Service-Abgleich weitgehend automatisch abläuft. Die Analoge Zeit der Trimmpotis ist inzwischen vorbei. Lediglich der eingespeisten NF-Eingangspegel kann verändert werden.


Nach tagelangem Testen, mit unendlich langen Versuchsreihen an der Abgleichsoftware, bin ich dann offensichtlich hinter das Geheimnis gekommen. Man muss für den Abgleich den NF-Pegel extrem weit absenken um die ALC beim automatischen Abgleich zu überlisten. Das ist nur mit einem präzisen NF-Pegelsender durchführbar. Selbst geringste Änderungen des Ausgangspegels von 0,5 dB gehen in den Abgleich ein. So ist es mir gelungen die mittlere Ausgangsleistung des IC 7100 auf etwa 80 Watt zu steigern. Weitere Angaben zu dieser Methode findet man zwischenzeitlich auch unter: www.mods.dk
Die nachträgliche Überprüfung mit einem Spectrums-Analyzer bzw. mit einem SDR-Radio zeigten keine Auffälligkeiten auf dem Signal.
Übrigens, alle Schlaumeier die meinen, mit einem andern Mikrofon könne man etwas verbessern - die liegen völlig falsch, das bringt überhaupt nichts! ! ! Nachdem ich nun mehrere IC-7100 von anderen OMs in die Hand bekommen habe, musste ich feststellen, dass auch der VHF-Bereich bei einigen Geräten schlampig abgeglichen war. Ein Gerät produzierte bei SSB nur schlappe 5 Watt. Nach einem Neuabgleich konnten in den Sprachspitzen satte 50 Watt gemessen werden. Der UHF-Bereich war seltsamerweise in Ordnung.
Ich frage mich nur, wie solche schlecht abgeglichenen Geräte überhaupt die Fertigung verlassen können.
Wo bleibt da eigentlich die Qualitätssicherung? Vermutlich beim Kunden.


In den nächsten Monaten wurde der IC-7100 ausgiebig im Mobilbetrieb getestet. Mit dem Ergebnis - es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Auf 40 m konnten alle gehörten Stationen, auch die mit 1KW, gearbeitet werden das war vorher überhaupt nicht möglich.
Ende 2015 erfuhr ich von einer Hardware-Modifikation, die Marios SVØCL, Chef-Ingenieur von ICOM, in Athen veröffentlichte. Neugierig habe ich das natürlich sofort getestet. Das Ergebnis war umwerfend. Nun macht der IC-7100 richtig Dampf. In den Sprachspitzen zeigt das Wattmeter locker 100 Watt an. Auch nach diesem Umbau waren keinerlei unerwünschte Nebenprodukte festzustellen.
Meine Rapporte liegen nun fast immer bei S 9. Jetzt macht der IC-7100 richtig Freude.


Inzwischen habe ich mehrere IC-7100 mit großem Erfolg modifiziert. Die Besitzer sind allesamt mit der Leistung sehr zufrieden.

Wichtiger Hinweis: Offenbar hat ICOM in der Zwischenzeit Änderungen vorgenommen.

Die Drahtbrücke darf bei Geräte mit höherer Seriennummer als 5000 bzw. Lieferung ab 2016 (möglicherweise auch früher) nicht mehr eingebaut werden. Es ist dann keine Modulation und kein Output mehr vorhanden,die ALC steht bei 100%. Der genaue Schnitt der Änderung ist leider nicht bekannt. Wenn also keine Modulation und Leistung mehr vorhanden ist, dann nur den Elko einlöten. Vielen Dank an F5VIY für den Hinweis.

Nun zur Modifikation: Man findet dazu im Internet bei YouTube auch einige Videos, die jedoch in englischer oder polnischer Sprache verfasst sind und die Bildqualität ist relativ schlecht.  Daher habe ich das ganze Thema Sendeleistung  des IC-7100 für die deutschsprachigen OMs nochmals aufgearbeitet und hier veröffentlicht. Bevor Sie anfangen, sollten Sie sich darüber absolut im Klaren sein, ob Sie sich die Modifikation auch zutrauen. Gute Augen, eine ruhige Hand, ein guter Lötkolben und eine starke Lupe sind unbedingt erforderlich.

Zwei Modifikationen sind möglich. Die Erste wird die durchschnittliche Leistung bei SSB fast verdoppeln.
Eine Brücke von Punkt (A) nach Masse.

Die Zweite für "volle Leistung" benötigt zusätzlich zur Drahtbrücke  einen kleinen10 µF/16 V Elektrolytkondensator(oder Tantal) ,
dieser ist parallel zu R1522 zu schalten.

Hier finden Sie die Fotos von den Platinen und Layouts:
Board_01  -  Board_02  -   Board_03  -   Board_04  -  Board_05  -   Board 06  -  Schema_01

Öffnen Sie das Gerät, indem Sie die Unterseite vom Gehäuse entfernern. Legen Sie das Gerät so auf den Tisch, dass Sie die beiden Steckverbinder wie auf dem Foto vor sich sehen.

Die Drahtbrücke ist noch relativ einfach anzubringen. Das Einlöten des 10 µF Elko ist jedoch eine Herausforderung. Der SMD-Widerstand, über den der Elko gelötet wird, ist nur etwas 1x2 mm groß ! Das Anlöten gestaltet sich sehr schwierig und es besteht die große Gefahr eines Kurzschlusses. Daher habe ich eine bessere Lösung für das Einlöten des Elkos. Auf dem Bild von board_05 und board_06 zeige ich, wie man den Elko gefahrlos einlöten kann. Ich habe auch bereits Tantal-Elkos mit Erfolg eingesetzt. Achten Sie beim Einbau unbedingt auf die Polarität.
Die Lötstellen sind danach unbedingt mit einer guten Lupe zu kontrollieren und ggf. ist überschüssiges Zinn zu entfernen. Der Elko sollte sicherheitshalber mit etwas Klebeband oder einem Tropfen Sekundenkleber fixiert werden. Für den Umbau lehne ich wie üblich jede Verantwortung für evtl. entstehende Schäden ab. Allen, die sich die Modifikation zutrauen, wünsche ich viel Erfolg und Spaß mit einem “Neuen IC-7100“.
Mein besonderer Dank geht an Marios SVØCL, Thilo DL9NBJ, Lothar DL9NBD für die Unterstützung bei den vielen Tests und Achim DC4NV für weitere Infos und das Korrekturlesen.

Zum Abschluss finden Sie die Messwerte vor und nach der Modifikation in zwei eindrucksvollen Videos:

Beide Videos wurden mit gleichem Text und mit gleichem Pegel aufgenommen. Der Ton wird hier aber nicht abgespielt.

© DC5WW V.1.4